Digitaler Fotokurs
Die Farbe
Farbspiel, wie ich es vor gut 30 Jahren öfters mal machte, indem ich die Kamera bei einer längeren Belichtungszeit einfach zog.
Hier handelt es sich um ein Glas mit Orangensaft auf einem roten Tisch.
Die Farbe ist bei Farbfotos ein bestimmendes Gestaltungselement
Farbfotos, die nur einfach bunt sind, werden selten als gut empfunden. Denn die Farbe ist nicht einfach nur eine Zutat für ein Foto, sondern bei einem Farbfoto wesentliches Gestaltungselement. Herbstfarben sind natürlich bunt und dürfen es auch in einem Foto sein.
Weniger ist oft mehr
Das gilt auch für die Farben in einem Foto. Wenige, dominierende Farben bis hin zum monochromen Bild führen zu homogenen Fotos ohne Wirrwarr.
Bei manchen Fotos verzichtet man besser ganz auf die Farbe und wandelt sie stattdessen um in Graustufenbilder, also Schwarz-Weiß Fotos.
Im oberen Foto sind für meinen Geschmack bereits zu viele Farben. Insbesondere das Blau rechts unten ist sehr störend. Die Augen, deren Blau durch das benachbarte Blau rechts unten noch in der Wirkung vertärkt wird, sind fast schon aggressiv.
In Schwarz-Weiß, hier mit Sepia Tönung, verschwinden die störenden Farben. Die aggressive Wirkung des farbigen Originals ist verschwunden, nichts mehr lenkt den Blick vom Gesicht ab, das plötzlich eher melancholisch wirkt.
Farben geben Stimmungen wieder. Kühle Farben wirken distanziert, warme Farben heimelig. Von seltenen Ausnahmen abgesehen gewinnen Fotos an Wirkung, wenn nur eine Farbe im Bild dominiert. Es muss nicht gleich völlig monochrom sein.
Stimmungen und der automatische Weißabgleich
Diese Treppe führt neben der Alten Brücke in Heidelberg zum Neckarufer hinunter. Sonst schenkte ich ihr nie weitere Beachtung, doch in der herbstlichen Abendsonne war sie ein Foto wert. Statt einer Gegenlichtblende benutzte ich meine Hand, um das Sonnenlicht abzuschirmen.
Der automatische Weißabgleich einer Digitalkamera ist bei vielen fotografischen Aufgabenstellungen hilfreich, weil die Abweichungen der Lichtfarbe vom reinen Weiß mehr oder minder erkannt und korrigiert werden.
Wenn es jedoch um die Wiedergabe von Stimmungen geht, deaktiviert man ihn besser und stellt manuell einen passenden Wert ein. Bei Landschaftsfotos und vielen anderen Motive geht es auch um die Lichtstimmungen. Der automatische Weißabgleich eliminiert jedoch die Lichtstimmungen, die das Tageslicht durch seine natürlichen Abweichnungen vom reinen Weiß zaubert. Ob eine Landschaft in ein warmes oder kühles Licht getaucht wird, macht schon einen Unterschied.
Dieses Foto aus dem Rhonetal hat eine betont kühle Farbstimmung.
Auch bei diesem Thema gilt, wer generell im Rohdatenformat abspeichert, ist im Vorteil, weil die separate Speicherung der Farbkanäle eine nachträgliche Korrektur problemlos ermöglicht.
Farbstimmungen sind bei Landschaftsaufnahmen oft ein wesentliches Element der Bildaussage.
Exakte Farbwiedergabe
Genau gegenteilige Anforderungen stellen fotografische Aufgaben, bei denen es um exakte Farbwiedergabe geht. Das sind Aufgaben, mit denen ein Fotoamateur eher selten, sofern überhaupt, zu tun hat.
Diese Aufgabenstellung gibt es in der Produktfotografie und insbesondere bei der Farbe von Firmenlogos. Da hilft der automatische Weißabgleich auch nicht, in diesem Fall muss die Kamera mit manuellem Weißabgleich und einer genormten Graukarte auf die Lichtfarbe abgestimmt werden. Wenn es für den Druck um äußerste Genauigkeit geht, fotografiert man am Rand des Fotos einen genormten Farbkeil mit, den die Druckerei für die genaue Einstellung benötigt.
Für Veröffentlichungen im Web muss es nicht so genau sein, weil jeder Monitor Farben, Helligkeitsstufen und Kontraste ohnehin anders darstellt. Selbst 2 gerade erst kalibriete Monitore nebeneinander stellen Farben leicht unterschiedlich dar.
Monochrome Farbfotos
Monochrom im strengsten Sinne bedeutet, dass es im Foto nur noch eine einzige Farbe mit verschiedenen Helligkeitsstufen gibt. So eng sieht man es in der Fotografie meist nicht. Aber eine Farbe sollte zumindest mit Abtönungen zu den Nachbarfarben dominieren.
Ein Altmeister monochromer Farbfotos ist der amerikanische Fotograf Pete Turner, der bereits vor 50 Jahren zu den Vorbildern vieler Fotografen zählte und immer noch hervorragende Fotos macht.
Ein Nachmittag in der Toskana am Mittelmeer.
Für monochrome Farbfotos sind auch absichtliche Farbverfälschnungen erlaubt wie in diesem Foto, dass an einem herbstlichen Nachmittag an einem toskanischen Mittelmeerstrand entstand. Das originale Blau fand ich langweilig, mit einem Hauch Türkis wirkt das Foto deutlich stärker.
Bei diesem Foto der japanischen Kirschblüte im Schwetzinger Schlossgarten sind die Farben original, ein Traum in Rosa. Weitere Fotos der japanischen Kirschblüte auf meiner Webseite Heidelberg-Photo.com.
Einfachheit der Farben
Dieses Foto, das ich Anfangs der Siebzigerjahre machte, zeigt vielleicht etwas von der Faszination der Einfachheit in der Farbe. Dieses Foto entstand in Neuleinigen in der Pfalz.
Einfachheit der Farbe geht in eine ähnliche Richtung wie monochrome Bilder. Es ist nicht mehr unbedingt eine einzige Farbe mit ihren Abstufungen wie bei streng monochromen Fotos, aber es ist eben auch nicht bunt,
Sowohl monochrome Fotos als auch diese Fotos brauchen die Farbe, sie würden in Scharz-Weiß wesentlich an Wirkung verlieren.
Der Reiz dieser Fotos liegt wesentlich darin, dass eine einzige Farbe im Bild mit ihren feinen Abstufungen dominiert.
Das gilt auch für das nachfolgende Foto, das mit einer etwas längeren Belichtungszeit aus einem TEE, der mit ca. 160 km/h unterwegs war, aufgenommen wurde. Die Bäume direkt am Bahndamm sorgen für den farbigen Wischeffekt, die Bäume am Horizont sind vollkommen scharf.
Weinberge im Herbst
Die fazinierende Herbstfärbung der Weinberge, die je nach Rebsorte von gelb bis rot reicht, ist dennoch nicht einfach bunt. Die Struktur der Zeilen ergibt einen zusätzlichen optischen Reiz.
Vordergrundfarben und Hintergrund-Farben
Die Farben im Bild haben eine wesentliche Funktion für die Bildaussage. Kräftiges Rot wie im obigen Foto drängt sich nicht nur stark in den Vordergrund, sondern wirkt als große Fläche geradezu aggressiv.
Dieses Foto von schon fast verblühten Tulpen ist gewiss kein Kunstwerk, zeigt jedoch die Tiefenstaffelung durch den roten Vordergrund und das sich in den Tiefen des Fotos verlaufende Blau.
Mit der Wahl der richtigen Farben können Sie Bilder extrem in der die Tiefe staffeln. Rot ist eine typische Vordergrundfarbe, Blau ist eine typische Hintergrundfarbe.
Bei Kirchen-Fenstern in der Gotik hatte man sich diesen Effekt oft zu Nutze gemacht, der rote Vordergrund hebt sich geradezu plastisch vom Hintergrund ab und das Fenster wirkt nicht mehr zweidimensional, sondern dreidimensional, doch dieser Effekt ist bereits bei dem obigen Foto ziemlich deutlich, die Päonie hebt sich deutlich vom Hintergrund ab.
Grün ist auch eine Hintergrundfarbe, Rot wirkt auf dunklem Blau-Grün besonders plastisch, denn hier ist es nicht nur die Vordergrund- und die Hintergrundfarbe, die zu der plastischen Wirkung führt, sondern zusätzlich die Komplementärfarben, die den Effekt erheblich verstärken.
Gelb gehört ebenfalls zu den Vordergrundfarben.
Das Foto der Rose enstand unmittelbar nach einem schweren Regenguss bei vollständig bedecktem Himmel. Die korrekte Belichtung auf die Rose reichte selbst bei diesem diffusen Licht aus, um die Blätter nur noch anzudeuten, zumal der Hintergrund eine dunkelbraune Balkonumrandung ist. Bei korrekter Belichtung auf ein so helles Objekt wie diese Rose im Vordergrund wird der dunkelbraune Hintergrund zum tiefen Schwarz.
Gelb kann sowohl eine warme Farbe wie im obigen Foto der Rose als auch eine kühle Farbe, wie im unteren Foto der Bartiris sein. Gelb ist in der Monitor Darstellung eine nicht ganz unproblematische Farbe, weil schon geringe Abweichungen der Monitoreinstellung Gelb falsch darstellen können, entweder mit einem Grünstich (kühl) oder einem Rotstich (warm).
Vordergrundfarben und Hintergrund-Farben gezielt für die Bildgestaltung einsetzen
Bei der Gestaltung barocker Parkanlagen machte man sich die Eigenschaften der Farbe als Vordergrund- und Hintergrundfarben ebenfalls oft zu Nutze.
In der Haupt-Achse des Parks wurden im Vordergrund Beete mit rot und gelb blühenden Stauden und Einjährigen angelegt, im Hintergrund wurden Bäume mit blau grünem Laub verwendet, zum Beispiel die Blautanne. Das ergab optisch einen viel größeren Park und somit eine viel längere Achse, als sie tatsächlich war.
Leider habe ich davon kein Foto, doch sollten Sie mal in München sein, die Hauptachse des Parks von Schloss Nymphenburg Ist beispielsweise nach diesem Muster angelegt.
So können auch Sie Ihren Fotos Tiefe geben.
Vorder- und Hintergrundfarben hier anhand einer Grafik dargestellt.
Es handelt sich dreimal um dasselbe Rot, zweimal dasselbe Blau und zweimal um dasselbe Grün. Wenn Ihr Blick einen kleinen Moment auf dem roten Rechteck rechts verharrt, dann scheint es sich über das blaue und das grüne Rechteck zu erheben. Dabei fällt auf, das es scheinbar höher über dem Blau als über dem Grün steht. Mit Farben können Sie Ihren Fotos optische Tiefe geben.