Digitaler Fotokurs

 

Mit dem Bildausschnitt die Wirkung eines Bildes steigern

Bildausschnitt goldener Schnitt

Mit der Wahl des Bildausschnitts schieben Sie Bild wichtige Teile an ihre endgültige richtige Position, lassen unnötiges weg und verstärken zugleich wesentliche Elemente der Bildgestaltung.

Beim Bildausschnitt haben Fotografie und Malerei besonders viele Gemeinsamkeiten.

Mit der Wahl des richtigen Bildausschnitts lassen wir nicht nur einfach überflüssige Bildteile weg und beschränken uns auf das Wesentliche, sondern können auch zwei andere wichtige Einflussmöglichkeiten für die Wirkung eines Bildes beeinflussen, nämlich die Diagonalen im Bild wie auch die Dynamik, indem wir den Bild wichtigsten Teil aus der Mitte herausrücken.

 

Die Wirkung von Diagonalen

Fotomodel aufsteigende Diagonale

Da wir in der westlichen Kultur von links nach rechts lesen und ebenso von links nach rechts ein Bild erfassen, ist eine Diagonale, die von links nach rechts ansteigt, eine Diagonale, die wir als aufsteigend empfinden. Umgekehrt sehen wir eine Diagonale, die von links nach rechts abfällt, als fallende Diagonale.

Allein schon dadurch können Bildaussagen erheblich verstärkt beziehungsweise bei den falschen Diagonalen auch gründlich gestört werden. Im Zweifelsfall muss man ein Bild sogar nachträglich in einem Bildbearbeitungsprogramm horizontal spiegeln, um die richtige Diagonale zu bekommen.

Zu einem melancholischen Gesichtsausdruck passt keine aufsteigende Diagonale und umgekehrt wird Dynamik mit einer aufsteigenden Diagonale unterstrichen.

Bugatti Veyron

Nehmen Sie als Beispiel die beiden Fotos des Bugatti. Im oberen Foto ist eine klare aufsteigende Diagonale. Das Auto fährt scheinbar auf uns zu, obwohl es steht.

Bugatti Veyron

Dagegen derselbe Bugatti leicht von oben und der anderen Seite fotografiert. Diesmal eine fallende Diagonale und somit die eher statische Wirkung. Ein immer noch schönes Objekt und Auto, doch die ungeheure Dynamik der Form geht durch die fallende Diagonale etwas verloren.

In diesem Foto gibt es zwei Diagonalen.

Die fallende Diagonale von der Hand zum Gesicht führt den Blick automatisch auf das Gesicht. Das wiederum steht mit den übrigen Körper in einer steigenden Diagonale. Der Blick des Betrachters folgt zwar immer wieder der Blickrichtung der Augen, also auf die ausgestreckten Hand beziehungsweise irgendetwas dahinter, kehrt jedoch immer wieder zum Gesicht zurück.

 

 

 

Nicht immer ist die Mitte richtig

Etwas versetzt aus der Mitte erhöht oft die Dynamik eines Bildes.

Bildausschnitt Kirschblueten

Im Idealfall nähern wir uns dem goldenen Schnitt oder dem in der künstlerischen Darstellung ebenso angewendeten 4:3 Verhältnis. Der goldene Schnitt ist fast jedem geläufig. Das in der Malerei mindestens ebenso oft angewendete 4:3 Verhältnis ist kaum populär, obwohl es für die Bildgestaltung ebenfalls eine große Bedeutung hat.

 

Näheres zum goldenen Schnitt auf Wikipedia.

Bildausschnitt Kirschblueten

Prinzipiell bedeuten beide Gestaltungsrichtlinien, dass das bildwichtigste Element auf einer der Koordinaten entweder des goldenen Schnitts oder des 4:3 Teilungsverhältnisses liegen sollte.

Die Frage stellt sich also bereits bei der Aufnahme, welches Element in einem Motiv das bildwichtigste Element ist.

Vergissmeinicht_goldener-Schnitt

Im oberen Foto wurde der Bildausschnitt so gewählt, dass die rechte und die obere Achse des goldenen Schnitts zwischen den beiden Blüten, auf denen der Focus liegt, verlaufen und beide Blüten annähernd gleiche Gewichtung haben.

goldener Schnitt

Ein geringfüfig anderer Bildausschnitt führt zu einer klareren Wirkung. Die beiden Achsen des goldenen Schnitts kreuzen sich in diesem Bildausschnitt exakt in der das Bild beherrschenden, vorderen Blüte.

 

 

In einem Porträt sind es oft drei Elemente, die annähernd gleichwertig bildwichtig sind, nämlich beide Augen und der Mund. Bei einem größeren Gebäude gibt es innerhalb des Motivs oft überhaupt kein bildwichtiges Element, da ist es das gesamte Gebäude.

Der goldene Schnitt und das Seitenverhältnis 4/3

Die beiden wichtigsten Teilungsverhältnisse anhand eines vorhandenen Fotos untersucht.

 

Bildausschnitt, OriginalfotoAls Vorlage dient ein im Negativformat 6x6 cm vor vielen Jahren gemachtes Foto, in dem ich nach dem wirkungsvollsten Bildausschnitt gesucht habe. 6x6 ist ein Quadrat Format und damit lediglich die Rohvorlage für das spätere Bild. Wer mit diesem Format fotografiert ist sich darüber klar, dass nachträglich immer ein Ausschnitt gewählt werden muss, um zum Quer- oder Hochformat zu kommen.

 

Bei diesem Foto stört auf Anhieb das gesamte untere Viertel. Zumal die Arme und die Cromleiste der Karosserie des Bild in zwei Hälften teilen, wobei das untere Viertel nur stört.

 

Der schließlich gewählte Bildausschnitt war schnell gefunden. Da mich außer dem im ursprünglichen Bild störenden unteren Bereich auch das angeschnittene Fenster links hinter dem Model störte und ich andererseits die Hände nicht abschneiden wollte, musste ich zusätzlich nur noch oben etwas wegnehmen um den endgültigen Bildausschnitt festzulegen.

Bildausschnitt aus 6x6 Foto

Doch ich war mit dem Foto noch nicht zufrieden, deshalb wurde eine Schwarzweiß Ebene mit 62 % Deckkraft über das Bild gelegt. (Eigentlich wollte ich nur wissen, wie das Foto in Schwarzweiß wirken würde. Bildbearbeitung ist oft einfach spielerische Neugier.)

Model

Später am Abend überlegte ich mir, dass dieses Foto vielleicht gut geeignet wäre, um die Proportionen deutlich zu machen. Das Ergebnis ist für mich überraschend gewesen, ich hatte noch nie zuvor ein Foto auf seine ästhetischen Proportionen untersucht, weil ich den Bildausschnitt generell intuitiv festlege. (Ich hatte noch den Photoshop CS3, der den goldenen Schnitt noch nicht anzeigen konnte.)

 

Die 4:3 Bildachsen

Die Zahl 7 ist in vielen Kulturen das Symbol der Vollkommenheit. Seine Aufteilung in 3 und 4 ist ebenfalls in vielen Kulturen gebräuchlich. Im Christentum hat diese Aufteilung eine ganz besondere Bedeutung, die 3 steht für die Heilige Dreifaltigkeit, die 4 für die vier Elemente. Möglicherweise ist diese Bildaufteilung deshalb in der christlichen Kultur wesentlich weiter verbreitet als der goldene Schnitt.

 

Näheres zur Zahl 7 und der Aufteilung in 4 zu 3 auf Wikipedia.

4:3

Rotes Fadenkeuz ist die Mitte, gelbes Fadenkreuz die obere linke 4:3 Achse.

Von den 4 Koordinaten wurden nur die beiden für das Gesicht wesentlichen Achsen eingezeichnet, somit ergibt sich auch nur ein Schnittpunkt statt der möglichen 4 Schnittpunkte. Dasselbe weiter unten bei der Darstellung des goldenen Schnitts.

 

 

Bei diesem intuitiv gewählten Bildausschnitt liegt die Nasenwurzel fast haargenau auf der linken 4:3 Achse. Die Nasenwurzel spielt, wenn ich nach einem wirkungsvollen Bildausschnitt in einem Portrait suche, in dem beide Augen annähernd gleichwertige bildwichtige Elemente sind, eine wichtige Rolle.

 

In der waagrechten Bildaufteilung spielen die 4:3 Koordinaten jedoch fast keine Rolle, oder vielleicht doch, denn genau im Schnittpunkt der beiden Koordinaten ist die Grenze zwischen Gesicht und Haaren. Eine weitere Grenze zwischen Haaren und der Schulter ist fast exakt in der Mitte.

 

Ich war von diesen Proportionen, als ich die Koordinaten einzeichnete, ziemlich überrascht, hatte ich es doch nicht geplant, sondern einfach nach dem wirkungsvollsten Bildausschnitt gesucht.

Der goldene Schnitt

Die nächste Überraschung kam, als ich die Koordinaten für den goldenen Schnitt einzeichnete.

Goldener Schnitt

Rot Mitte, Orange goldener Schnitt mit den Teilungsverhältnissen Breite bzw. Höhe des Fotos.

Aus der mathematischen Definition des goldenen Schnitts ergeben sich diese Teilungsverhältnisse. 0,382 + 0,618 = 1 , also die gesamte Breite oder Höhe eines Fotos. Mit diesen Teilungsverhältnissen lassen sich ohne umständliche Berechnungen schnell die Koordinaten für den goldenen Schnitt ermitteln. Gesamte Breite multipliziert mit 0,618 ergibt die senkrechte Achse. (Sie können stattdessen natürlich auch mit 0,382 malnehmen.) Dieselbe Rechnung für die waagrechte Achse mit der Bildhöhe. Eingezeichntet wurden nur die beiden für das Gesicht wichtigen Koordinaten des goldenen Schnitts.

 

Das durch das Foto stärker betonte rechte Auge liegt genau auf der senkrechten Koordinate des goldenen Schnitts. Der Mund, eigentlich das wichtigste Einzelelement innerhalb des Fotos, liegt auf der waagrechten Achse des goldenen Schnitts.

 

Vielleicht wird dadurch die starke Verbindung zwischen dem rechten Auge und dem Mund in diesem Bildausschnitt hergestellt, die im Original nicht vorhanden ist, dort sind die Augen und der Mund voneinander isolierte Bildelemente.

Portrait Model Sabrina

Die Konsequenz aus den ästhetischen Prinzipien für den Bildaufbau

Zunächst einmal sollten wir uns bewusst sein, dass Fotografie und Malerei zwar viele Gemeinsamkeiten haben, jedoch auch eklatante Unterschiede. Ein gemaltes Bild kann gemäß der ästhetischen Prinzipien von vornherein geplant werden. In der Fotografie, zumindest in den für Amateure wichtigsten Bereichen der Fotografie, ist das totale Arrangement eines Fotos eher die Ausnahme.

ARAG-Haus Düsseldorf Luftbild

In der professionellen Fotografie ist in vielen Bereichen jedoch die genaue Planung die Regel. Man nennt diesen Bereich der professionellen Fotografie übergreifend Still Life. Darunter fallen nahezu sämtliche Produkt-, Food- und Werbefotos, die ohne Models im Studio gemacht werden. Viele Fotos mit Models, insbesondere Fotos, für die Handmodels engagiert werden, sind ebenfalls minutiös geplant und von der beauftragenden Werbeagentur bereits skizziert.

Doch außerhalb der professionellen Welt der Werbefotografie besteht Fotografieren im wesentlichen aus dem visuellen erfassen einer Situation und der Umsetzung in ein Foto. Und damit natürlich auch die Wahl des Bildausschnitts bereits beim Fotografieren, soweit es sich nicht um Panoramafotos handelt.

Das wichtigste bei der Wahl des Bildausschnitts ist zunächst einmal, außer in wenigen Ausnahmefällen, das bildwichtigste Motiv nicht in die Mitte zu stellen. Ohne Hilfsmittel wird es zumindest einem Anfänger jedoch höchstens ausnahmsweise gelingen, die ästhetischen Proportionen bereits bei der Aufnahme zu berücksichtigen. Doch wer öfter auch in vorhandenen Fotos wie dem obigen Beispiel nach dem wirkungsvollsten Bildausschnitt sucht, entwickelt ziemlich schnell einen Blick für ästhetische Proportionen.

Anfangs kann man sich vielleicht auch mit einer Software, die die Koordinaten anzeigt oder eingeblendeten Hilfslinien im Sucher der Kamera (ein aktuelles Modell von Pentax kann den goldenen Schnitt als Hilfslinien einblenden) behelfen, um nach dem wirkungsvollsten Bildausschnitt und Bildaufbau zu suchen, doch am besten macht man sich von solchen Krücken nicht abhängig und versucht stattdessen ein Auge für den wirkungsvollsten Bildausschnitt zu entwickeln. Dann kann es nämlich umgekehrt sogar passieren, dass ein intuitiv gewählter Bildausschnitt wie im obigen Beispiel den ästhetischen Prinzipien entspricht. Doch dann hat man sich nicht sklavisch abhängig von ästhetischen Prinzipien gemacht, die ohnehin oft genug mehr Fragen aufwerfen als zu beantworten (was ist das wichtigste Element in einem Bild?), sondern entwickelt seinen eigenen Stil und einen Blick, der schnell ohne Hilfsmittel den wirkungsvollsten Bildausschnitt erfasst. Beim eigentlichen Fotografieren und somit bei der Wahl des Motivs und des Bildausschnitts helfen uns Computerprogramme ohnehin nicht viel.

Luftbild Düsseldorf Rhein, goldener Schnitt auf Brückenpfeiler

Eine empfehlenswerte Software zur Ermittlung des goldenen Schnitts und anderer Proportionen ist Golden Ratio. Im Gegensatz zu vielen anderen Programmen für den goldenen Schnitt läßt sich der Bildausschnitt beliebig verändern, die Koordinaten gehen immer mit. In Lightroom ist der goldene Schnitt inzwischen auch integriert.

 

Ausgewogenheit in der Bildgestaltung

Der bildwichtigste Teil sollte das Bild beherrschen. Ein Bild sollte, von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, nicht einfach durch den Horizont oder starke Licht- und Schattenwirkungen in der Mitte geteilt sein.

Das Foto einer Landschaft, bei dem der Horizont eine klare Trennlinie zwischen Landschaft mit Häusern und den Himmel ergibt, wirkt oft ausgesprochen fad und langweilig, besonders, wenn der Horizont auch noch ziemlich genau in der Bildmitte ist. Hingegen, wenn ein Kirchturm, Bäume, ein Gebirge oder ein Gebäude in den Himmel ragen und somit Erde und Himmel über den Horizont hinaus verbinden, bekommt auch das Foto eine Wirkung.

Dieser Schnappschuss aus Rom,der während eines Ampelstopps entstand, ist lebendig durch seine Staffelung der Höhen.

 

Bei vielen Fotos lasse ich den Himmel gänzlich weg, wenn er nicht selbst eine wesentliche Bildaussage hat. Doch im obigen Foto wäre er unverzichtbar, denn gerade die Staffelung der Höhen mit dem richtigen Maß an Himmel darüber gibt dem Foto über den Schnappschuss hinaus einen gewissen Reiz. Es heißt also auch, mit verschiedenen Bildausschnitten und insbesondere dem Anteil des Himmels im Bild zu experimentieren, bis man die richtige Lösung gefunden hat.

 

Wie der Bildausschnitt die Bildaussage ändert

Dazu einige Bildbeispiele

Den Bildausschnitt bereits mit der Kamera festlegen

Die Römische Wasserleitung - Aquädukt im Schlossgarten Schwetzingen

Die Römische Wasserleitung - Aquädukt im Schlossgarten Schwetzingen.

 

Im oberen Foto dominiert der Bach.

Die Römische Wasserleitung - Aquädukt im Schlossgarten Schwetzingen

In diesem Foto dominiert das Aquädukt, der Bach wird zur Nebensache.

 

 

3 verschiedene Fotos vom selben Standort,

Die Römische Wasserleitung - Aquädukt im Schlossgarten Schwetzingen

Dieses Foto zeigt , das man sich bei der Wahl des Bildausschnitts zwischen Bach und Aquädukt entscheiden sollte, denn es ist mit annähernd gleicher Gewichtung langweilig. Zudem dominiert die Betonbücke, schneidet das Foto in zwei Teile, ein störender Fremdkörper, der plötzlich dominiert.

 

2 Fotos mit derselben Brennweite und 3 verschiedene Bildaussagen durch die Wahl des Bildausschnitts.

Iris
Iris im Gegenlicht

 

 

Nahezu Symetrie ermöglicht das Stellen in die Mitte wie bei dieser Iris.

 

Den Bildausschnitt nachträglich festlegen

Trauen Sie sich ruhig auch nachträglich mit verschiedenen Bildausschnitten an Ihre Fotos heran.

Gegenlicht

Das Original, Enten in der Abendsonne am Schwetzinger Schlossgarten.

Der sehr helle vordere Bereich des Bachs wurde in diesem Ausschnitt weggelassen und die Bildaussage ändert sich deutlich. Das Original-Foto wirkt neben dem nachträglichen Bildausschnitt schon geradezu platt, zu offensichtlich, trotz des zauberhaften Gegenlichts geradezu sachlich gegenüber dem nachträglichen Bildausschnitt, der Poesie und etwas geheimnissvolles in das Foto bringt.

 

Die beiden Fotos zeigen deutlich, wie ein Teleobjektiv die Perspektive verengt und die Abstände in der Tiefenstaffelung verringert. Vom Bildanfang unten bis sich der Kanal vor dem Schwetzinger Schlossgarten im Dunkel des Fotos verliert (er macht, nicht mehr sichrbar, eine scharfe Kurve nach rechts, den Bachverlauf ahnt man noch, wenn man die gerade noch angedeutete weiße Brücke rechts im Hintergrund beachtet) sind es mehrere Hundert Meter. Das läßt sich auf den Fotos noch nicht einmal ahnen, man meint, die Brücke sei höchstens 50-60 m entfernt. Die perspektivische Verengung des Bachs fällt mit dem Tele ebenfalls sehr moderat aus. Mit einer kürzeren Brennweite würde sich der Bach zu einem schmalen Strich im Hintergrund verjüngen,

 

Brennweite 200 mm, das entspricht wegen dem Krop Faktor dem Bildwinkel einer scheinbaren Brennweite von 300 mm bei vollem Kleinbildformat.

Original

Das Originalbild und 2 verschiedene Ausschnitte daraus

Bildausschnitt 1
Bildausschnitt 2

Wenn Sie mit einem Bildbearbeitungsprogramm arbeiten, das ähnlich wie der Photoshop ein Freistellungswerkzeug hat, dann sehen Sie durch die Abdunkelung aller Bildteile außerhalb des Ausschnitts die stark veränderte Wirkung bereits, während Sie nach dem richtigen Ausschnitt suchen.

Original, chinesischer Schwerttanz

Ein neutraler, schwarzer Hintergrund hat für das nachträgliche verändern des Bild-Ausschnitts einen Vorteil, den kein anderer Hintergrund liefert. Haben Sie nämlich beim Fotografieren das Fotomodel in die falsche Ecke oder zu weit in die Mitte gestellt, Ist außer bei einem vollkommen einfarbigen Hintergrund, der meistens nur durch tiefes Schwarz erreicht wird, eine nachträgliche Korrektur sehr schwierig.

 

Doch bei einem schwarzen Hintergrund brauche ich das Modell im Bild nur grob auszuscheiden, lege eine neue Hintergrundebene in demselben Schwarz an und kann das Modell auf diesem schwarzen Hintergrund an jede beliebige Stelle im Bild schieben. Bei schnellen Bildfolgen in der Actionfotografie kann es nämlich schon mal passieren, das man nicht auf Anhieb den richtigen Bildausschnitt erwischt.

Bildausschnitt, chinesischer Schwerttanz

Bildaussage und Bildausschnitt

Ein weiteres Beispiel für unterschiedliche Bildaussagen durch die Wahl des Bildausschnitts.

Spaziergänger am Kochelsee, Original

Dieses Foto machte ich vor einigen Jahren im Winter am Kochelsee.

 

Zwei Ausschnitte aus dem Foto mit verschiedenen Bildaussagen:

Spaziergänger am Kochelsee, Ausschnitt

Hier geht der Spaziergänger auf etwas zu, nämlich den Kochelsee. Das wird sowohl durch das Ziel klar wie auch durch seine Platzierung im Foto. Die größere Strecke liegt noch vor ihm.

Spaziergänger am Kochelsee, Ausschnitt

Hier geht der Spaziergänger stattdessen aus dem Bild mit unbestimmtem Ziel heraus. Man könnte in das Foto noch mehr hineindeuten, weil die Häuser bereits hinter ihm liegen. Doch darum geht es hier nicht. Es sind grundverschiedene Bildaussagen durch die Wahl des Bidausschnitts.

Bildausschnitte nie mit dem Original

Wenn Sie mit verschiedenen Bildausschnitten experimentieren, dann arbeiten Sie niemals mit der Originaldatei, sondern einer Kopie. Praktisch jedes Bearbeitungs-Programm lässt unmittelbar nach dem Aufruf einer Bilddatei die Speicherung dieser Datei unter einem neuen Dateinamen zu, arbeiten Sie dann mit der Kopie weiter. So werden Sie es niemals bereuen, mit Bildausschnitten und Werkzeugen am Bild zu arbeiten.

Von wegen weitere Werkzeuge, jedes Bildbearbeitungsprogramm, das mit Ebenen arbeitet, lässt auch Einstellungs-Ebenen zu, die gegenüber der direkten Manipulation den großen Vorteil haben, dass man nachträglich die Deckkraft ändern kann oder die Manipulation durch Löchen der Einstellungs Ebene komplett rückgängig machen kann. Dazu mehr im Kapitel über die Bildbearbeitung.

Die Wahl des richtigen Formats

Für den Ausdruck eines Fotos benutzen wir in der Regel das Hoch oder das Querformat. Allgemein gültige Aussagen lassen sich zur Wahl des richtigen Formats kaum machen. Ein Porträt kommt zwar meist besser im Hochformat, doch auch davon gibt es viele Ausnahmen.

 

Das Quadratformat, das ambitionierte Fotografen und Profis aus der analogen Fotografie von der Hasselblad und anderen 6x6 Kameras kennen, ist selten ein gutes Format für eine Veröffentlichung.

 

Bei der 6x6 ist es das Rohformat, den passenden Bildausschnitt für Hoch- oder Querformat wählt man in diesem Fall erst nachträglich.

Bildauschnitt Hochformat

Achten Sie bereits bei der Aufnahme auf das gewünschte Format. Sie sehen die stark geänderte Bildwirkung bei diesen beiden Fotos einer Bank im Schwetzinger Schlossgarten.

Bildauschnitt Querformat

Ansonsten hängt es natürlich vom Layout ab, in welchem Format ein Foto benötigt wird. Gelegentlich braucht man Fotos im so genannten Handtuchformat, also als waagrechten Streifen beispielsweise für das Logo einer Webseite oder auch als senkrechten Streifen beispielsweise für eine Anzeige in einem Printmedum. Wenn man beabsichtigt, für besondere Zwecke Fotos zu machen, dann sollte man die spätere Formatwahl bereits beim Fotografieren beachten, sonst würde man unweigerlich nachträglich bildwichtige Teile weg schneiden müssen.

 

 

Den Bildausschnitt finden

Bildauschnitt, weichgezeichnet, Sättigung verringert

Letztendlich ist es immer experimentieren, schon beim fotografieren, erst recht in der Nachbearbeitung. Allgemeine Regeln wie der goldene Schnitt und Diagonalen im Bild sind zwar ganz nützlich, vor allem, solange man noch kein Auge für den wirksamsten Bildausschnitt entwickelt hat, doch letztendlich geht es darum, dass Sie ein sicheres Auge entwickeln, mit dem Sie spätestens bei der Nachbearbeitung eines Fotos den Bildausschnitt wählen, der die beabsichtigte Bildaussage unterstreicht.

Bildausschnitt mit fallender Diagonale

Abgesehen von technischen Fotos beispielsweise in einer Bedienungsanleitung sollten sich Fotos immer ohne jede Erklärung dem Betrachter erschließen.

Bildausschnitt aus Portrait

Denn ebenso wie die Malerei ist ein Foto auch ein Kommunikationsmittel, das nicht verbal, sondern visuell mit dem Betrachter kommuniziert. Es hat also eine Aussage, die durch den Bildausschnitt verstärkt oder auch geschwächt werden kann.

Beispielsweise, wenn man einen Menschen möglichst unsympathisch darstellen möchte, fotografiert man eher von unten, das ist, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine Perspektive, die jemanden nicht unbedingt sympathisch wirken lässt. Doch diese Tricks der Reportagefotografie, mit denen politische Gegner oft dargestellt werden, interessieren hier weniger.

Die grundsätzliche Bild Aussage sollte schon beim Fotografieren gemacht werden, nicht erst bei der nachträglichen Wahl des endgültigen Bildausschnitts. Trotzdem, ich habe es gerade wieder erlebt, als ich Bilderordner durchging, um bisher wenig beachtete Fotos darauf zu untersuchen, ob sie mit einem deutlich kleineren Bildausschnitt nicht doch noch gut sein könnten, entdeckt man oft erst hinterher, welche Schätze in bisher kaum beachteten Fotos verborgen sind. Zum Beispiel Ganzkörperaufnahmen, die so wie sie sind einfach langweilig waren, jedoch mit einem Gesichtsausdruck und einer Lichtührung , die bei näherem hinsehen zu einem fantastischen Porträt führten.

Bildausschnitt Fotomodel Sabrina

Um ein Foto darauf beurteilen zu können, ob ein deutlich kleinerer Bildausschnitt vielleicht doch noch zum gewünschten Ergebnis führt, benutze ich einfach den Navigator des Photoshop, mit dem ich in das Bild hinein zoome (selbst einfache, kostenlose Bildbearbeitungs-Programme wie beispielsweise Irfan View können das) und den Bildauschnitt durch unterschiedliche Zoomstufen und verschieben des Ausschnitts zunächst grob ermittle.

 

Durch das Hineinzoomen kann ich nicht nur die Schärfe beurteilen, denn manches Foto wirkt bei näherem hinsehen nicht mehr so scharf, wie es für den Bildausschnitt erforderlich wäre, sondern auch gleich sehen, ob es überhaupt lohnt.

 

 

Bildausschnitt am praktischen Beispiel

Ein Foto, das lange Zeit unbeachtet im Bilderordner meines Models Sabrina lag. Auf dem Foto war mir einfach zu viel Pelz, die Farbe recht aufdringlich.

Das Originalfoto

Das Original ohne Nachbearbeitung

den Bildausschnitt festlegen

Das Freistellungswerkzeug des Photoshop CS6 kann den goldenen Schnitt als Hilfslinien einblenden. Wie schon im Original, bei dem der goldene Schnitt ohne Hilfslinien ziemlich genau auf dem rechten Auge lag, orientierte ich mich auch bei dem schließlich gewählten Bildausschnitt am rechten Auge meines Models Sabrina. Vom Original bleibt nicht allzu viel übrig, es war einfach viel zu viel Pelz und zuwenig Gesicht.

Der gewählte Bildausschnitt noch ohne Nachbearbeitung

 

Der Bildausschnitt, der ermittelt wurde, wird duch Doppelklick in das Foto übernommen. Noch ist das Foto nicht nachbearbeitet, Hautunreinheiten und die glänzende Nase stören noch.

Der nachbearbeitete Bildausschnitt in Farbe

Als ich mit den Nachbearbeitungen fertig war, war es mal wieder Neugier, die mich dazu brachte, über das Foto eine Schwarz-Weiß Ebene zu legen. Hier das fertige Ergebnis:

Der entgültige Bildausschnitt nachbearbeitet

2 Viedeotutorials zeigen recht gut die Suche nach dem Bildausschnitt:

Den Bildausschnitt finden.

 


 

 

Den endgültigen Bildausschnitt lege ich jedoch mit dem Freistellungswerkzeug fest, soweit nicht das Original Seitenverhältnis zwingend beibehalten werden muss.

 

Dazu dieses Video Tutorial:

 

Bildausschnitt die Zweite

 

 

 

 

Dabei halte ich mich natürlich nicht sklavisch an das originale Seitenverhältnis des ursprünglichen Fotos, sondern wähle den wirksamsten Bildausschnitt. Manchmal ist der Bildausschnitt innerhalb von wenigen Sekunden gefunden, manchmal gibt es so viele Möglichkeiten, dass man vier oder fünf verschiedene Bildausschnitte auswählt, die jeder für sich eine frappierende Wirkung zeigen und man nicht recht weiß, für welchen man sich jetzt entscheidet, soweit man sich entscheiden muss und manchmal stellt man fest, dass trotz guter Schärfe und Beleuchtung das Foto einfach keine Bildaussage hat und löscht das Foto.

 

Nur indem man immer wieder auch vorhandene Fotos nach einem wirksamen Bildausschnitt untersucht, wird man allmählich unabhängig von allgemeinen Regeln wie dem goldenen Schnitt und findet den optimalen Bildausschnitt.

 

Fotografieren, das gilt nicht nur für die Lichtführung beziehungsweise das erkennen besonderer Lichtsituationen, es gilt ganz besonders für den Bildausschnitt, ist auch eine Schule des Sehens.

Perspektive und Aufnahme Standort

Das Thema Bildausschnitt beginnt nicht erst mit der Zoomstufe beziehungsweise der Wahl der Brennweite für ein Motiv, sondern bereits vorher mit der Wahl des Standorts und der Perspektive.

 

Auf meiner Website über den Apollotempel im Schwetzinger Schlosspark sind eine ganze Reihe Fotos des Apollotempels sowie einige Detailaufnahmen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven.

Apollotempel

Apollotempel im Schwetzinger Schlossgarten, Bildbearbeitung gemeinsam mit Michael Baumann, New York.

 

 

Dieses Foto entstand aus einer Perspektive, die nur mit technischen Hilfsmitteln realisiert werden konnte, nämlich praktisch direkt über dem Boden fotografiert.

Bildausschnitt Apollotempel

Auch dieses Foto gewinnt nochmals erheblich an Wirkung durch einen nachträglichen Bildausschnitt. Von der Brücke nur noch das Geländer, der Apollotempel etwas aus der Mitte geschoben und einige Details nachberabeitet.

 

 

Nur so war es möglich, den Apollo Tempel mit einem Teleobjektiv innerhalb der Begrenzungen der Hecke zu fotografieren. Dafür benutzte ich einen Winkelsucher, die einzige Möglichkeit, mit einer normalen Digital Kamera aus dieser Perspektive zu fotografieren.

 

Dieses Foto entstand als Auftragsarbeit für einen amerikanischen Verlag, wobei der Auftrag beinhaltete, dass die Spitze des Apollotempels (die Kugel auf dem Dach) mit der oberen Begrenzung der Hecke eine Linie bildet. Außerdem sollte die Brücke mit aufs Bild kommen.

 

Wegen der bereits am frühen Vormittag massiven Lichtverhältnisse, die Schatten waren schon extrem tief, musste das Foto im Photoshop erheblich nachbearbeitet werden, um noch Details innerhalb der Schattenpartien halbwegs sichtbar zu machen. Hätte ich ein geeignetes Stativ dabei gehabt, wäre das Naheliegende gewesen, 3-5 Fotos mit unterschiedlicher Belichtung und anschließend zum HDR zu verarbeiten.

 

 

Bugatti Veyron 16.4