Digitaler Fotokurs

 

Die Schärfentiefe (Tiefenschärfe) und die Schärfeebene

In diesem Kapitel werden die beiden gängigen Bezeichnungen gleichwertig nebeneinander benutzt. Schärfentiefe ist die korrekte Bezeichnung, Tiefenschärfe jedoch die geläufige Bezeichnung für den Bereich, der vor und hinter der eigentlichen Schärfeebene, also worauf die Kamera scharf gestellt wurde, noch scharf gezeichnet wird.

 

Die Schärfentiefe ist sowohl von der eingestellten Blende als auch der Brennweite abhängig. Ergänzend deshalb die Kapitel Brennweite zur Bildgestaltung als auch die technischen Betrachtungen zu Blende, Schärfentiefe und Brennweite in der FAQ.

 

Je größer der Sensor oder das Filmformat einer Kamera ist, umso gezielter können Sie die Tiefenschärfe als Gestaltungsmittel nutzen.

 

 

Tiefenschärfe und Größe der Sensorfläche

 

Die Tiefenschärfe ist nämlich abhängig von der Größe des Sensors und somit der Brennweite des Objektives für einen bestimmten Bildwinkel. Je kleiner der Sensor, umso kleiner auch die Brennweite für einen bestimmten Bildwinkel.

 

Je kleiner die Brennweite, umso größer die Schärfentiefe.

 

Das kennt man bereits aus der analogen Fotografie, die Tiefenschärfe ist bei Kleinbild deutlich größer als bei einer Mittelformatkamera und nochmals deutlich größer gegenüber einer Großformatkamera.

 

Warum greifen Profis dennoch lieber zum Mittelformat und bei sehr anspruchsvollen Aufgaben sogar am liebsten zum Großformat?

 

Je größer das Format, umso besser die Gesamtschärfe, die Auflösung selbst feinster Farbverläufe und natürlich die Steuerungsmöglichkeiten der Tiefenschärfe, um die es in diesem Kapitel geht.

 

 

 

 

 

 

Das kleine Format hat demgegenüber den Vorteil der größeren Handlichkeit. Am optimalsten lässt sich mit einer Großformatkamera, die nach dem Prinzip der optischen Bank gebaut wurde, die Tiefenschärfe steuern. Mit einer Großformatkamera kann man, indem man die Scheimpflugsche Regel anwendet, sogar die Schärfeebene schräg durch das Bild laufen lassen oder auf einen einzigen kleinen Bereich einschränken.

 

 

 

 

 

Der Vorteil des größeren Formats

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch nun zurück zur digitalen Kamera.

 

Handelsübliche Pocketkameras haben einen sehr kleinen Sensor, der bei den billigeren Modellen noch nicht einmal die Größe des Fingernagels eines kleinen Fingers hat.

 

Die gängigen Sensor Größen sind in der Kaufberatung Kameras abgebildet.

 

Digitale Vollformatkameras haben diesselbe Sensorgröße wie eine analoge Kleinbildkamera. Deshalb nennt man sie wohl auch Vollformatkameras, denn der Sensor erreicht dieselbe Größe, die eine Kleinbildkamera hat, nämlich 24 x 36 mm.

 

Das übliche Sensorformat digitaler Spiegelreflex-Kameras in der Consumerklasse hat etwa zwei Drittel der Größe des Vollformats und ist für die gestalterische Beeinflussung der Schärfentiefe ausreichend.

 

 

 

 

Bildwinkel und Brennweite

 

Abhängigkeit der Brennweite von der Sensorgröße

 

In dieser Grafik kann man vielleicht die Abhängigkeit der Brennweite von der Sensorgröße nachvollziehen. Der Bildwinkel beträgt in diesem Beispiel 69°, das entspricht einem leichten Weitwinkelobjektiv und bleibt für alle Sensorgrößen gleich. Je größer der Sensor, umso größer wird die Brennweite (der Abstand der optischen Mitte zum Sensor) für diesen Bildwinkel. Die Linse ist im Verhältnis zu den Sensorformaten natürlich viel zu groß dargestellt und wäre selbst für den großen Sensor (grün) ein sehr lichtstarkes Objektiv.

 

Da kurze Brennweiten unabhängig vom Bildwinkel eine sehr große Schärfentiefe haben wird vielleicht auch verständlich, warum Digitalkameras mit kleinen Sensoren selbst im Telebereich noch eine sehr große Schärfentiefe besitzen und von vorne bis hinten alles scharf zeichnen.

 

Bei sehr großen Aufnahmeformaten in der analogen Mittelformat- und erst recht der Großformatfotografie sind für den beispielhaften Bildwinkel eines Weitwinkelobjektivs bereits Brennweiten erforderlich, die einem Teleobjektiv an einer digitalen Vollformatkamera entsprechen und entsprechend gering ist die Schärfentiefe.

 

 

 

Das winzig kleine Sensorformat der Pocket Kameras und Handys bedingt kurze Brennweiten selbst im Telebreich des Objektivs und damit eine enorme Tiefenschärfe, die bereits bei Porträt Entfernungen bis ins unendliche reicht, also ein Gesicht und der Hintergrund sind gleich scharf. Für ein Erinnerungs Foto mit dem Heidelberger Schloss im Hintergrund ist das sogar erwünscht, schließlich will man seinen Verwandten und Freunden zeigen, wo man war.

 

 

 

 

Bei diesem Foto ist das Heidelberger Schloss im Hintergrund. Uns ging es jedoch nur um die Atmossphäre im Schlossgarten. Wenn ich das Schloss fotografieren möchte, nehme ich keine Models mit.

 

 

In der gestalterischen Fotografie ist es jedoch außerordentlich wichtig, den bildwichtigsten Teil durch seine Schärfe herauszuheben. Ob wie bei diesem Foto von einem Mohnfeld oder auch bei einem Porträt.

 

 

 

 

 

 

Effektiv mit Tiefenschärfe und Schärfenebene lässt sich nur bei Kameras arbeiten, die über einen genügend großen Sensor verfügen und somit nicht mehr von 1 m bis unendlich scharf zeichnen, wie es bei kleinen Sensoren der Fall ist.

 

 

 

 

 

Hier gibt es weitere Fotos von der Classic Gala 2011 im Schwetzinger Schlosspark

 

 

Um die Schärfentiefe steuern zu können, benutzt man am besten eine Spiegelreflexkamera. Viele Spiegelreflexkameras bieten eine Ablendtaste, mit der man die Tiefenschärfe für die eingestellte Blende (abblenden im Gegensatz zur offenen Blende, mit der man durch den Sucher blickt) vor der Aufnahme genau kontrollieren kann.

 

 

 

 

 

 

Die Ablendtaste braucht man, um die Schärfentiefe für die eingestellte Blende beurteilen zu können. Blickt man durch den Sucher oder bei Kameras, bei denen stattdessen über das Display das Motiv anvisiert wird, sieht man das Bild immer bei offener Blende, also mit der geringsten Schärfe und Schärfentiefe, die das Objektiv bietet. Mit der Ablendtaste wird die Blende auf den voreingestellten Wert geschlossen und man sieht das Motiv mit der tatsächlichen Schärfe und Schärfentiefe. Dadurch wird das Sucherbild natürlich auch deutlich dunkler. Genau aus diesem Grund ist die Blende normalerweise offen, denn mit beispielsweise Blende 22 wäre das Sucherbild so dunkel, dass nahezu nichts mehr darauf zu erkennen ist.

 

 

 

 

Enzian

 

 

 

 

Bei diesem Foto eines Enzians im Murnauer Moos passiert durch die Schärfeebene auf der Enzian-Blüte und der absichtlich geringen Schärfentiefe etwas ganz seltsames. Blau, eigentlich eine typische Hintergrundfarbe, wird scheinbar zur Vordergrundfarbe. Denn eigentlich wäre bei dieser Farbkombination das Grün des Hintergrunds im Verhältnis zum Blau die Vordergrundfarbe. Doch im unmittelbaren Vergleich mit dem Foto einer Akelei erkennt man, dass selbst leuchtendes Blau keine Vordergrundfarbe ist.

 

Denn das Foto des Enzians hat keine räumliche Tiefe, läßt man den Blick etwas länger auf dem Foto verharren, hat man im Gegenteil fast den Eindruck, die blaue Blüte wäre aus dem grünen Hintergrund heraus gestanzt, sei also hinter dem unscharfen grünen Hintergrund. Grün ist zwar ebenfalls eine Hintergrundfarbe, doch Blau ist nochmals deutlich stärker Hintergrundfarbe als grün. Auf jeden Fall wirkt das Bild im Verhältnis zur Akelei flach, zweidimensional. Ganz anders die Akelei und erst recht die beiden Fotos mit roten Blüten darüber.

 

Achtung, der Link zur Akelei öffnet in einem neuen Tab, damit Sie einen unmittelbaren Vergleich durch hin und her klicken zwischen den beiden offenen Tabs haben.
Zum Vergleich die Akelei.

 

Die Wahl der Farben, so man die Freiheit hat und sie nicht bereits durch das Motiv vorgeben sind, hat einen ebenso starken Einfluß auf die Bildgestaltung wie das Spiel mit Schärfe und Unschärfe.

 

 

 

Dass die Tiefenschärfe des Fotos, außer man fotografiert mit offener Blende, nicht dem, was man im Sucher sieht, entsprechen wird, muss man wissen, wenn man die Schärfentiefe gestalterisch nutzen möchte. Denn sonst wäre das Foto ein Zufallsergebnis und nicht genau so gewollt. Bei der Bildgestaltung geht es jedoch darum, die einzelnen Faktoren, die zu einem guten Foto führen, soweit wie möglich zu beherrschen und nicht dem Zufall zu überlassen.

 

 


Die Steuerung der Tiefenschärfe

Die Blendenöffnung

Beeinflusst wird die Tiefenschärfe über die Brennweite und die Blendenöffnung. Bei völlig offener Blende ist sowohl die Tiefenschärfe als auch die gesamte Schärfeleistung des Objektives am geringsten.

 

 

 

Test eines älteren 28 mm Weitwinkel-Objektives, das mir zum Kauf angeboten wurde. Das obere Foto entstand mit offener Blende (Blende 2,8) und zeigt deutliche Unschärfen. Es gibt keine einzige scharfe Stelle im Bild.

 

 

Das nächste Foto wurde mit Blende 8 und derselben Entfernungseinstellung aufgenommen. Der Unterschied in der Schärfe ist deutlich zu erkennen. Wegen der schlechten Abbildungsleistung bei offener Blende hatte ich mich gegen den Kauf des Objektives entschieden.

 

Noch deutlicher wird der Unterschied bei diesen beiden Ausschnitten sichtbar:

 

 

Offene Blende(2,8)

 

 

Blende 8

 

So extreme Unterschiede zwischen offener Blende und der optimalen Blende sind jedoch ziemlich selten. Bei neueren Objektiven habe ich so große Unterschiede nie erlebt. Die beiden Vergleichsfotos zeigen jedoch auch, wie sorgfältig man beim Kauf eines Objektives vorgehen sollte. In diesem Fall hatte ich glücklicherweise die Möglichkeit, das Objektiv vor dem Kauf zu testen und die Testergebnisse nicht nur am Display, sondern direkt anschließend am Bildschirm beurteilen zu können.

 

Je weiter man die Blende schließt, umso größer wird die Schärfentiefe. Gleichzeitig nimmt zunächst auch die Gesamt-Schärfe zu. Oberhalb einer bestimmten Blende, die von von Objektiv zu Objektiv unterschiedlich ist, nimmt die Gesamt-Schärfe wieder ab, die Tiefenschärfe jedoch noch weiter zu.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Je weiter man die Blende schließt, umso kleiner wird die Öffnung, durch die das Licht hindurch muss. Wird die Blende über den optimalen Wert hinaus geschlossen, der bei den meisten Objektiven zwischen Blende 8 ünd Blende 11 liegt, kommt es an der kleinen Blendenöffnung bereits zu Beugungserscheinungen des Lichts, die zu einer Abnahme der Gesamt-Schärfe führen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Einfluss der Blende wird mit den nachfolgenden Fotos sehr deutlich, die jeweils mit derselben Belichtung, derselben Schärfeebene bei 35 mm Brennweite, jedoch unterschiedlichen Blendenwerten für diese Demonstration gemacht wurden:

 

 

 

Blende 4

 

 

 

 

Blende 5,6

 

 

 

 

 

Blende 8

 

 

 

 

 

Blende 11

 

 

Möchte man die Schärentiefe durch die Wahl der Blende konsequent für die Bildgestaltung nutzen, hat man mehrere Möglichkeiten. Man kann die Blendenvorwahl (Zeitautomatik) benutzen, in diesem Fall wählt die Kamera die zugehörige Belichtungszeit und Sensorempfindlichkeit (ISO Wert) selbstständig aus, man kann vorher auch den ISO Wert fixiren, dann wählt die Zeitautomatik nur noch die passende Belichtungszeit oder man macht alle Einstellungen im manuellen Modus selbst.

 

Schließt man die Blende um eine volle Stufe wie in den obigen Bildbeispielen, muss man gleichzeitig je voller Blendenstufe die Belichtungszeit verdoppeln, damit die Belichtung gleich bleibt. Da viele digitale Kameras feinere Abstufungen als die volle Blendenstufe anbieten, sollte man die vollen Blendenstufen auswendig lernen, sonst blickt man einfach nicht mehr durch:

 

2,8 4 5,6 8 11 16 22
32 64 128        

 

Kleinere Blenden als Blende 22 gibt es bei Vollformatkameras in der Regel nicht, die Blenden ab Blende 32 werden in der Mittelformat- und Großformatfotografie benutzt.

Die Schärfeebene

Die Schärfentiefe wird nicht nur mit der Blende beeinflusst, sondern auch über die Wahl der Schärfenebene. Also worauf das Objektiv scharf gestellt wurde.

 

 

 

Bentley

 

 

 

 

Die nachfolgenden Fotos zeigen das deutlich am Beispiel des Bandmaßes:

 

Schärfenebene weit vorne bei offener Blende

 

 

 

Die Schärfenebene liegt bei diesem Foto bei etwa 12 cm auf dem Bandmaß. Es ist deutlich zu sehen, dass die Tiefenschärfe nach vorne sehr viel schneller abnimmt als nach hinten.

 

Bei diesem Foto liegt die Schärfenebene praktisch unmittelbar auf dem Bandmaß. Nach vorne nimmt die Unschärfe drastisch zu.

 

 

 

 

falsche Schärfenebene

 

 

Bei diesem Portrait liegt die Schäfeebene falsch, nämlich auf dem Modeschmuck am Handgelenk. Hätte ich das Foto für einen Auftraggeber gemacht, dem es um den Modeschuck geht, wäre die Schärfeebene jedoch goldrichtig. Die Schärfentiefe ist bei einem 80mm Objektiv mit offener Blende ziemlich gering, da muß man schon genau aufpassen, wohin die maximale Schärfe soll.

 

Mit dem Autofocus kann es leicht zu einer falschen Scharfeinstellung kommen, denn der Autofocus orientiert sich an Kontrastkanten im mittleren Bildbereich. Die Kontrastkanten im Modeschmuck sind viel ausgeprägter als im Mund, wo die Schärfeebene liegen sollte, also stellt der Autofocus auf die stärkeren Kontrastkanten ein. Ein weiteres Beispiel dafür, sich nicht blindlings auf die Automatikfunktionen der Kamera zu verlassen.

Mit der Wahl der Schärfeebene den Focus beeinflussen

Wie man an diesen beiden Fotos chinesischer Teeschalen sehr deutlich sehen kann, wird über die Wahl der Schärfeebene die Bildaussage erheblich beeinflusst.

 

 

 

 

 

 

Im ersten Bild, so würde auch die automatische Scharfeinstellung focussieren, liegt die Schärfe auf der vorderen Teeschale.

 

 

 

 

 

 

 

 

Im zweiten Bild liegt sie auf der Teeschale rechts und es entsteht ein ganz anderer Bild Eindruck.

 

Die Brennweite

Je größer die Brennweite eines Objektives ist, umso geringer ist seine Tiefenschärfe. Das gilt ganz unabhängig vom Bildwinkel des Objektives. Im Umkehrschluss, der in diesem Fall hundertprozentig stimmt, je kleiner die Brennweite eines Objektives, umso größer die Tiefenschärfe.

 

 

 

 

Ein lichtstarkes älteres Teleobjektiv mit 135 mm Brennweite. Die Entfernung ist auf 3 m eingestellt, das ist die orangefarbene Ziffer an dem roten Strich mit dem Punkt. Die weißen Ziffern darüber sind Angaben in Feet. Rechts und links neben dem roten Strich sehen Sie drei verschiedene Blenden-Werte. Die Striche an der Entfernungs Einstellung zeigen den Bereich, der mit der jeweiligen Blende noch scharf gezeichnet wird.

Deutlich zu sehen, bei offener Blende beträgt dieser Bereich nur wenige Zentimeter, bei Blende 22, der kleinsten Blende dieses Objektives, beträgt er nach vorne etwa 30 cm, nach hinten 40 cm.

So kann man über die Wahl der Blende sehr feinfühlig die Tiefenschärfe steuern.

Diese Angaben finden Sie nur auf Objektiven mit Fest-Brennweiten.

 

Was sich ebenfalls gut sehen läßt, je kürzer die Entfernung, umso kleiner die Schärfentiefe. Die Abstände zwischen den Entfernungsangaben werden nämlich immer größer, während sich die Abstände zwischen den Blenden Angaben nicht ändern.

 

 

 

Doch erst mit fast 30 m Entfernung wird bei diesem Objektiv und der kleinsten Blende eine Tiefenschärfe bis ins Unendliche erreicht. Mit offener Blende ist die Tiefenschärfe selbst bei dieser Entfernung noch sehr gering. Deshalb liebe ich diese Objektive in der gestalterischen Fotografie, denn damit habe ich sehr gut in der Hand, was auf dem Foto außer dem eigentlichen Bildobjekt noch scharf sein soll.

 

In der digitalen Fotografie bedeutet das, Pocket-Kameras und Handys haben eine extrem hohe Tiefenschärfe, mit der man gestalterisch höchstens im Bereich der Makrofotografie arbeiten kann. Denn im gesamten normalen Abbildungsbereich, das gilt ganz generell auch für Porträts, zeichnen diese Objektive bereits von vorne bis hinten alles scharf.

 

 

 

 

 

 

 

Solche Portraits sind mit einer Pöcketkamera nicht möglich.

 

 

Wie groß der Einfluss der Brennweite auf die Tiefenschärfe ist, lässt sich auch dem nächsten Foto gut entnehmen. Diesmal ein älteres lichtstarkes Objektiv mit 50 mm Brennweite, auf 3 m Entfernung eingestellt. Sie sehen, der Bereich, der scharf gezeichnet wird, reicht sehr viel weiter als bei dem Teleobjektiv. Übrigens, an einer der noch üblichen digitalen Spiegelreflexkameras mit einem gegenüber dem Vollformat um ein Drittel verkleinerten Sensorfläche hat dieses Objektiv bereits einen Bildwinkel, der einem leichten Teleobjektiv mit 75 mm Brennweite entspricht. Das ändert jedoch nichts an den optischen Eigenschaften des Objektives, dadurch, dass nur noch ein Ausschnitt des gesamten Bildwinkels auf den Sensor projiziert wird, was dem Bildwinkel eines Teleobjektivs entspricht, ändern sich keineswegs die optischen Eigenschaften, es ist und bleibt eine Normal-Brennweite und wird durch den nicht vollständig genutzten Bildwinkel nicht plötzlich zum Teleobjektiv. Das merkt man insbesondere auch bei der Tiefenschärfe.

 

 

 

 

Bereits ab 3 m Entfernung reicht die Tiefenschärfe mit Blende 22 bis ins unendliche und nach vorne immerhin bis 1,6 m.

 

Mit kurzen Brennweiten, also Weitwinkelobjektiven erreicht man auch bei einer digitalen Spiegelreflexkamera mit großem Sensor eine extrem große Tiefenschärfe. Das ist jedoch meistens nur bei Landschaftsaufnahmen erwünscht.

 

Mit langen Brennweiten, also Tele-Objektiven kann man die Tiefenschärfe gezielt steuern und die Schärfe somit genau in den Bereich legen, in dem man sie auch haben möchte.

 

Dazu braucht man auch nicht unbedingt mit offener Blende zu arbeiten. Die Fotos von Denise (das rothaarige Model) im Schlosspark von Heidelberg, die hier beispielhaft gezeigt werden, entstanden sämtlich mit Blende acht, jedoch mit einem Teleobjektiv. Dadurch wird eine sehr hohe Gesamtschärfe in der Schärfeebene erreicht, also im Bereich des Gesichtes und der Haare, gleichzeitig eine geringe Schärfentiefe, um Denise vom Hintergrund abheben zu können.

 

 

Die Abhängigkeit der Tiefenschärfe von der Entfernung zum Objekt

Je näher man an einem Objekt ist und das Objektiv darauf scharf stellt, umso geringer ist die Tiefenschärfe. In der Makrofotografie beträgt die Schärfentiefe nur noch wenige Millimeter.

 

 

 

 

Denise mit Blende 8 und 200 mm Brennweite

 

 

 

 

Umgekehrt, je weiter man von einem Objekt entfernt ist, umso größer wird die Tiefenschärfe.

 

 

 

 

 

 

 

 

Beide Fotos mit 80 mm Brennweite und nahezu identischer Schärfeebene. Der Unterschied in der Tiefenschärfe ist deutlich.

 

 

 

 

 

Portrait-Objektive

 

 

 

 

 

Speziell für Porträts gibt es im Kleinbildbereich ein leichtes Teleobjektiv mit 80 mm Brennweite. Diese Brennweite hat den Vorteil, alles, was dicht an der Kamera ist, nicht mehr überdimensional groß darzustellen, also eine Nase wie einen gewaltigen Berg gegenüber dem übrigen Gesicht hervorzuheben, wie es selbst noch bei der Normalbrennweite mit 50 mm der Fall wäre und hat den weiteren Vorteil, dass die Tiefenschärfe gegenüber einem Objektiv mit kürzerer Brennweite bereits deutlich abnimmt.

 

 

Dasselbe gilt natürlich auch für Zoomobjektive, obwohl diese technisch völlig anders aufgebaut sind als Objektive mit festen Brennweiten. Gegenüber noch stärkeren Teleobjektiven, die noch weniger verzeichnen und deren Tiefenschärfe noch geringer ist, haben typische Porträtobjektive wiederum den Vorteil, dass man sie auch im Studio gut einsetzen kann, weil man nicht einen riesigen Abstand zum Modell braucht, um auch nur das Gesicht komplett drauf zu bekommen.

 

Es gibt darüber hinaus Sonderausführungen des Porträtobjektives mit einem eingebauten, justierbaren Weichzeichner, die vor allem in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die Fotos von David Hamilton groß in Mode waren, gerne benutzt wurden.

 

Das nebenstehende Foto wurde jedoch nicht mit einem solchen Objektiv gemacht, sondern mit einem ganz normalen Zoomobjektiv, das wegen der großen Kälte zunächst auf der Frontlinse beschlagen war und somit automatisch weich zeichnete. Einen ähnlichen Effekt kann man, wenn auch kaum steuerbar, erreichen, indem man die Frontlinse anhaucht und in dem Moment auslöst, in dem genau der richtige Weichzeichner Effekt erreicht ist.

 

Zusammenfassend zur Tiefenschärfe, sie lässt sich beeinflussen über die Größe des Sensors, hier ist also eindeutig die digitale Spiegelreflex Kamera gegenüber einer Pocket Kamera im Vorteil, über die verwendete Brennweite, die Blende und die Schärfeebene.