Digitaler Fotokurs

 

Analoge Fotographie: Nische oder Trend?

In Zeiten, in denen fast jedes Mobiltelefon über eine eingebaute Kamera verfügt mutet die analoge Fotografie wie ein Relikt aus vergangenen Jahrhunderten an. Aber es gibt sie noch, die Liebhaber alter Kameras und analoger Entwicklung - und es werden mehr. Neben den überwiegend älteren Fotografen und Foto-Enthusiasten, die ihren alten analogen bis heute die Treue gehalten haben, interessieren sich auch immer mehr jüngere Foto-Fans für die alte Technik. Aber was ist es, was sie daran so fasziniert? Ist diese Liebe von Dauer oder nur ein digital gepushter Hype?

 


Analogfotografie: Die Kunst der Entschleunigung


Analogfotografie, das klingt nach rasselnden Aufzügen und lauten Auslösegeräuschen, nach dem hohen Surren des Rückspulers - und nach Entschleunigung. Wer analog fotografiert, nimmt bewusst Abschied von der sofortigen Verfügbarkeit und Nachbearbeitung digitaler Bilder. Auf Dia oder Film zu fotografieren bedeutet, lediglich eine begrenzte Anzahl an Aufnahmen zur Verfügung zu haben - ohne die Möglichkeit, unscharfe oder unschöne Bilder zu löschen. Entsprechend viel Zeit nehmen sich Analog-Fotografen für die Bildkomposition, was sich in der Qualität der Aufnahmen niederschlägt. Statt vieler eher zufälliger Schnappschüsse entstehen durchdachte, durchkomponierte Bilder mit einer bewussten Aussage. Entschleunigung, das heißt aber auch, auf das Ergebnis warten zu müssen. Im Gegensatz zur digitalen Fotografie ist das Ergebnis erst nach einem chemischen Entwicklungsprozess sichtbar, der im günstigsten Fall eine Stunde, im ungünstigsten bis zu einer Woche dauern kann. Damit verbunden ist ein Moment der Spannung und Vorfreude, denn immer ist mit dem Warten die Frage verbunden: Wie sind die Aufnahmen gelungen? Hält man die fertigen Abzüge in der Hand, rufen sie unweigerlich Erinnerungen an die Aufnahmesituation hervor, sei es der letzte Urlaub oder ein Fotoshooting.

 


Analoge Kameras: Alte Schätzchen neu entdeckt


Aber nicht nur der gesamte Prozess vom richtigen Einlegen des Films bis zum fertigen Abzug hat seinen ganz eigenen Reiz - auch die alte Kameratechnik findet heute alte und neue Liebhaber. Während die einen ihre Liebe zu fast schon antik anmutenden Modellen wie einer Rolleiflex mit Lichtschacht zelebrieren, schwören die anderen auf alte, aber bewährte Profimodelle wie die Nikon F2 oder F3, die Canon F1 oder die Leica M3. Neben den heutigen leichten Gehäusen aus Plastik oder Aluminium wirken die alten schweren Modelle, denen die Zeit nur etwas Patina verliehen hat, wertig und fast unzerstörbar. Aber nicht nur die Gehäuse faszinieren, auch alte Objektive haben es Sammlern und Foto-Enthusiasten angetan. Viele ältere Objektive sind im Vergleich zu heutigen Modellen sehr günstig zu haben, können mit ein wenig Geschick selbst gereinigt und repariert werden und weisen eine Schärfe und Lichtstärke auf, von der heutige Amateure nur träumen können. Darüber hinaus faszinieren die Charakteristika vieler älterer Objektive: Die einen zaubern extrem weiche Lichter, die anderen ein besonderes Bokeh - Effekte, die aufgrund einer besonderen Linsenzusammenstellung und nicht einfach durch digitale Filter entstehen und schon im Entstehungsprozess gezielt zur Bildbearbeitung eingesetzt werden.

 


Analoge Entwicklung: Der Reiz des Selbstgemachten


Analoge Fotografie, das bedeutet auch analoge Entwicklung des Trägermaterials. Viele Analog-Liebhaber setzen der Einfachheit halber auf Kleinbild-Farbfilme, die in einem Labor entwickelt werden müssen. Die Auswahl des Filmmaterials spielt dabei eine besondere Rolle, hat sie doch Einfluss auf Faktoren wie Sättigung, Hauttöne und allgemeine Tönung der fertigen Abzüge. Wer selbst zu Entwickler und Fixierlösung greifen will, entscheidet sich in der Regel für Schwarzweißfilme wie Kodak Tri-X oder Ilford HP5 (und philosophiert vorab über Lichtempfindlichkeit und Körnung). Neben dem Film ist das verwendete Papier ebenfalls von Bedeutung: Während das eine Papier extrem harte Kontraste erzeugt, liefert das nächste z.B. fantastische Grauwerte, mit denen auch digitale Fotos nicht mithalten können. Der Reiz des Ganzen besteht für die Meisten darin, ein kleines Kunstwerk, ein Unikat, in einzigartiger Qualität mit eigenen Händen zu schaffen und hinterher in den Händen zu halten oder gerahmt an der Wand zu sehen. Wer dennoch nicht auf die digitale Bearbeitung verzichten will, bekommt mittels der Hybridtechnik auch seine analog geschossenen Bilder auf den Computer und kann nun mit seiner Bildbearbeitungssoftware den letzten Schliff anlegen.


Analogfotografie: Mehr als nur ein Trend


Analogfotografie mag im Trend liegen - ein kurz anhaltender Hype ist sie damit aber nicht automatisch. Wer einmal den Unterschied zwischen Abzügen digitaler Bilder und vollständig analog entstandenen Bildern gesehen hat, weiß den Aufwand und die Kunstfertigkeit hinter der Analogfotografie zu schätzen. Wer sich einmal in die Abläufe der analogen Fotografie, die Haptik der alten Technik und Endergebnisse verliebt hat, lässt dafür vielleicht nicht sofort seine digitale Fotoausrüstung stehen - er nutzt die Besonderheiten der Analogfotografie vielleicht aber für besondere Momente und Ereignisse, um fotografische Unikate und einzigartige Erinnerungen zu kreieren.