Digitaler Fotokurs

 

Die drei grundlegenden Einstellungen einer Kamera verstehen

Eine analoge Kamera ohne Automatikfunktionen kennt nur drei Einstellmöglichkeiten. Belichtungszeit, Blende und Entfernungsseinsstellung.

 

 

 

offene Blende

offene Blende

 

 

 

Belichtungszeit und Blende müssen passend zum verwendeten Filmmaterial eingestellt werden, das entspricht einer manuell ausgewählten ISO-Empfindlichkeit der Kamera.

 

 

 

Blende 22

Geschlossne Blende (Blende 22)

 

 

 

Wenn an einer digitalen Spiegelreflexkamera Objektive aus der Zeit vor der Entwicklung der Automatikfunktionen verwendet werden, haben wir übrigens die selbe Situation, alle drei für das Bildergebnis wichtigen Parameter müssen manuell ermittelt und von Hand eingestellt werden.

 

Der Vergleich mit den menschlichen Augen zeigt vielleicht am deutlichsten, worauf es beim Fotografieren überhaupt ankommt. Denn eine Kamera hat viele Ähnlichkeiten mit dem menschlichen Auge, in einigen wesentlichen Punkten unterscheiden sich das menschliche Auge und die Kamera jedoch.

Gemeinsamkeiten mit dem menschlichen Auge

Die Regulierung der Lichtmenge

So wie das menschliche Auge über eine Pupille verfügt, um die einfallende Lichtmenge zu regulieren, verfügt eine Kamera oder genauer gesagt das Objektiv über die Blende.

 

Denn sowohl die Kamera als auch das menschliche Auge müssen die Lichtmenge regulieren, um richtig sehen, bzw. fotografieren zu können. Beim menschlichen Auge geht das meistens so schnell, dass wir es überhaupt nicht merken. Wir sind beispielsweise abends zu Fuß unterwegs und die Pupillen sind weit geöffnet. Ein Auto kommt entgegen und wir werden geblendet. Das Auge braucht nur Sekundenbruchteile, um sich auf die veränderte Situation einzustellen und die Pupille kleiner zu machen.

 

Dieselbe Funktion, die eine Pupille hat, hat die Blende einer Kamera. Durch Öffnen oder Schließen der Blende wird die einfallende Lichtmenge reguliert.

 

Ebenfalls reguliert wird dieLichtmenge durch die Belichtungszeit. Da scheint es zunächst keine Entsprechung zum menschlichen Auge zu geben. Doch diese oberflächliche Eindruck täuscht etwas. Das menschliche Auge oder genauer gesagt das Gehirn, das die von den Sehnerven übermittelten Informationen verarbeitet, kann nämlich nicht mehr als etwa 20 Eindrücke pro Sekunde verarbeiten. Das entspricht durchaus einer Belichtungszeit, nur dass sie im Gegensatz zur einstellbaren Belichtungszeit einer Kamera fix ist.

 

Denn es gibt eine weitere Gemeinsamkeit zwischen einer Kamera und dem menschlichen Auge, was die Regulierung der Lichtmenge anbelangt. Beide haben eine definierte Empfindlichkeit, auf die die Lichtmenge abgestimmt werden muss.

 

Diese Empfindlichkeit kann beim menschlichen Auge trainiert werden, so dass wir beispielsweise in der Dunkelheit oder umgekehrt auf einem Gletscher besser sehen können und bei der Kamera kann das Signal vom Sensor elektronisch verstärkt werden, womit eine höhere Empfindlichkeit erreicht wird.

 

Die Lichtmenge beim menschlichen Auge wird im wesentlichen durch die Größe der Pupille reguliert, bei einer Kamera sowohl durch die Größe der einer Pupille entsprechenden Blende wie auch durch die Belichtungszeit.

 

Für die zwingende Regulierung der Lichtmenge beim menschlichen Auge gibt es ein bekanntes Beispiel. Ein damals weltberühmter Popmusiker erblindete, weil er auf einem LSD Trip den Sonnenaufgang beobachtete. Ohne LSD wäre nichts passiert, doch durch LSD öffnen die Pupillen auf das Maximum und schließen auch bei viel zu viel Licht nicht wieder. Folge, die Netzhaut verbrannte. Das kann übrigens auch passieren, wenn man mit einem Teleskop die Sonne oder den Mond beobachten möchte. Ohne Graufilter vor dem Okular würden wir dabei erblinden, so stark kann sich die Pupille nicht verkleinern, um diese gewaltige Lichtmenge auf ein für die Augen gesundes Maß zu reduzieren. Diee Situatinen gibt es auch mit der Kamera, wenn man beispielsweise eine starke Studioblitzanlage benutzt und selbst die kleinste Blende (Bei Kleinbildobjektiven in der Regel Blende 22) noch zu viel Licht durch lasst. Dafür gibt es farbneutrale Graufilter.

 

Bei Kameras kann zusätzlich die Empfindlichkeit reguliert werden, entweder bei einer digitalen Kamera über die ISO-Werte oder bei einer analogen Kamera durch das Filmmaterial, das man in unterschiedlichen Empfindlichkeiten kaufen kann.


Die automatische Scharfeinstellung

Auch hier gibt es eine Übereinstimmung zwischen dem Autofokus einer Kamera und dem menschlichen Auge. Jedes optische System arbeitet mit Brennweiten und einem Brennpunkt, in dem die maximale Schärfe erreicht wird. Das gilt auch für das menschliche Auge. Beim menschlichen Auge ist es die Krümmung der Linse, die blitzschnell verändert werden kann und somit ein scharfes Bild auf den Augenhintergrund liefert.

 

Bei der Kamera ist es die Entfernungsseinsstellung, die den Brennpunkt für das, was wirklich scharf werden soll, exakt auf die Film- bzw. Sensorebene projiziert.

 

Beim menschlichen Auge nehmen wir, außer wir sehen ganz bewusst, diese blitzschnelle Anpassung kaum war. Wir schauen beispielsweise zunächst auf den Monitor, die Schrift ist gestochen scharf. Dann schauen wir aus dem Fenster und alles was wir draußen sehen, ist gestochen scharf. Zwischendurch fixieren wir irgendetwas im Zimmer, was vor dem Fenster steht und sehen es gestochen scharf. Dann zünden wir uns vielleicht eine Zigarette an und sehen diesen Vorgang einer Nahaufnahme gestochen scharf. Dabei nehmen wir gar nicht wahr, dass gleichzeitig der Hintergrund draußen nicht mehr so scharf ist. Unsere Aufmerksamkeit gilt schließlich im Augenblick dem Objekt, das wir gerade fixieren.

 

Durch die Krümmung der Linse des menschlichen Auges wird dasselbe erreicht wie mit der Entfernungsseinsstellung der Kamera, egal, ob sie manuell vorgenommen wird oder durch den Autofokus.

 

Das hier gesagte gilt natürlich nur, wenn keine Fehlsichtigkeit vorliegt, also Kurzsichtigkeit oder Weitsichtigkeit. Fehlsichtigkeit kann man mit Brillen oder Kontaktlinsen korrigieren oder durch ein spezielles Augentraining minimieren. Das ist jedoch nicht Thema des digitalen Fotokurs.

 

Die Brennweite bzw. der Bildwinkel

Das menschliche Auge hat zwar keine unterschiedlichen Brennweiten, unsere beiden Augen haben zusammengenommen einen Bildwinkel von annähernd 180°, was einem Fisheye-Objektiv entspricht, doch unsere Wahrnehmung entspricht sehr wohl verschiedenen Brennweiten für eine Kamera.

 

Aus der Gesamtmenge der optischen Informationen, die mit diesem riesigen Blickwinkel bei dem menschlichen Auge ankommen, wird immer nur ein mehr oder minder kleiner Bereich ausgewählt. Denn nur ca. 7 % des gesamten menschlichen Sehfeldes werden in voller Schärfe wahrgenommen. Auch das nehmen wir meist nicht bewußt wahr, weil unsere Aufmerksamkeit selbst beim betrachten einer Landschaft niemals der ganzen Landschaft gilt, unser Blick stattdessen ständig in der Landschaft umherschweift um schließlich ein einzelnes Objekt näher in Augenschein zu nehmen.

 

Dem würde ein leichtes Teleobkektiv mit etwa 100 mm Brennweite entsprechen, mit dem die Landschaft abgetastet wird. Nur mit dem Unterschied, dass das menschliche Auge dennoch das volle nahezu 180° Sehfeld beibehält während durch das Teleobjektiv der Bildwinkel auf den engeren Bereich, in dem das Auge scharf sieht, beschränkt wird und alles darum herum nicht mehr existiert. Bisher gibt es für unsere tatsächliche optische Wahrnehmung noch keine technische Entsprechung.

 

Das menschliche Auge sieht die Größenverhältnisse in der Tiefenstaffelung, also wie groß wir eine Objekt im Vordergrund gegenüber weiter entfernten Objekten wahrnehmen, etwa entsprechend der sogenannten Normalbrennweite, das sind beim Kleinbildformat Objektive mit 45-50 mm Brennweite. Kürzere Brennweiten stellen den Vordergrund im Verhälniss zum Hintergrund sehr viel größer dar, umgekehrt längere Brennweiten den Hintergrund im Verhältnis zum Vordergrund viel größer.

 

Bidbeispiele dazu: Brennweite Tiefenstaffelung

Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem menschlichen Auge und einer Kamera

Die menschlichen Augen und das Gehirn stehen in einer ständigen wechelseitigen Kommunikation. Das ist der wesentliche Unterschied zur Kamera, aus dem alles weitere folgt. Denn durch diese Kommunikation wissen unsere Augen, was für uns gerade wichtig ist, was wir also gerade konzentriert beobachten wollen und was für uns im Augenblick nebensächlich ist, was in der Wahrnehmung also weit gehend ausgeklammert werden kann.

 

Einer Kamera müssen wir zunächst einmal beibringen, und zwar für jedes Motiv extra, was uns bei einem Bildmotiv wirklich wichtig ist. Das kann uns auch eine Automatik-Funktion nur sehr bedingt abnehmen. Die Kamera kann nicht wissen, was wir eigentlich wollen. Das müssen wir der Kamera durch die diversen Einstellmöglichkeiten für jedes Bildmotiv eigens beibringen.

 

Regulierung der Lichtmenge

Genau genommen verfügt das menschliche Auge nur über ein Korrektiv der Lichtmenge, nämlich die Größe der Pupille. Auch wenn das Gehirn in der Regel nicht mehr als 20 Bildeindrücke pro Sekunde verarbeiten kann, weshalb wir die Einzelbilder eines Films als Bewegung wahrnehmen, nimmt das Auge trotzdem alles kontinuierlich wahr, es kennt also keine Belichtungszeit. Insoweit entspricht das menschliche Auge eher dem Display einer Pocket-, Bridge- oder spiegellosen System-Kamera und nicht dem Foto, das mit einer dieser Kameras gemacht wird.

 

Denn mit dem Foto wird über die Belichtungszeit ein zeitlicher Ausschnitt aus den ankommenden Informationen heraus geschnitten. Das ist nicht nur wichtig, um Bewegungen einfrieren zu können, sondern auch um die Lichtmenge, die tatsächlich für ein Foto benötigt wird, zu regulieren.

 

Denn für ein Foto wird die Lichtmenge sowohl über die Blende als auch die Belichtungszeit reguliert. Beide zusammen dosieren die Lichtmenge, die auf den Film oder den Sensor auftrifft.

 

Wird die Belichtungszeit verkürzt, muss für dieselbe Lichtmenge die Blende geöffnet werden und umgekehrt die Belichtungszeit wird verlängert, dann muss die Blende entsprechend verkleinert werden. Das menschliche Auge macht das alles ganz automatisch, die Belichtungsautomatik einer Kamera macht das ebenfalls automatisch, wenn Sie mit der Zeit- oder Blendenvorwahl entweder eine andere Belichtungszeit einstellen oder eine andere Blende.

 

Mit der Belichtungszeit bestimmen Sie, ob und wie Bewegungen im Bild erkennbar oder eingefroren werden, mit der Blendenöffnung regulieren Sie sowohl die Gesamtschärfe im Bild als auch die Schärfentiefe, also wie weit vor und hinter der eigentlichen Schärfenebene etwas noch scharf gezeichnet wird.

 

Kontrastreiche Situationen bzw. Bildmotive

Das menschliche Auge verfügt über ein ungleich größeren Kontrastumfang als der beste Sensor bzw. Film. Wenn wir uns beispielsweise in einem schattigen Innenraum aufhalten und durch die Fenster die sonnenbestrahlte Landschaft draußen wahrnehmen, sehen wir sowohl drinnen wie auch draußen alles richtig. Würden wir in derselben Situation ein Foto machen, dann wäre entweder alles innerhalb des Raums so massiv unterbelichtet, dass es praktisch nur noch schwarz ist, dafür jedoch die Landschaft draußen richtig belichtet oder umgekehrt, alles innerhalb des Raums wäre korrekt belichtet, dann wäre alles vor den Fenstern so massiv überbelichtet, dass es im wesentlichen nur noch als weiße Fläche im Foto erscheint.

 

Doch nicht nur das, das menschliche Auge weiß durch die ständige Kommunikation mit dem Gehirn auch, was für uns gerade wichtig ist und reguliert über die Größe der Pupille automatisch die Lichtmenge für das Wichtigste, wenn in einer extrem kontrastreichen Situation selbst der enorme Kontrastumfang des menschlichen Auges überstrapaziert würde.

 

Entfernungsseinsstellung bzw. Autofokus

Weil das menschliche Gehirn ständig mit den Augen kommuniziert, wissen die Augen natürlich auch, worauf sie gerade scharf stellen sollen.

 

Das ist natürlich ein ganz wesentlicher Unterschied zur Kamera, die höchstens dann, wenn einzelne Meßpunkte aktiviert wurden, weiß, dass dort die maximale Schärfe sein soll. Sonst wird der Autofokus das, was in der Bildmitte ist, als wesentlich ansehen.


Darüber hinaus haben alle Menschen und Tiere, die über zwei Augen verfügen, durch die seitliche Versetzung der Augen einen eingebauten Entfernungsmesser. Für Menschen und Tiere ist das wichtig, um beispielsweise Gefahren sowohl bezüglich ihrer Entfernung als auch ihrer Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit einschätzen zu können. Bewegungsrichtung, entfernt sich die Gefahr oder kommt sie auf uns zu und Geschwindigkeit, das kennt jeder Autofahrer sowohl bezüglich des eigenen Autos als auch entgegenkommender Fahrzeuge.

 

Der letzte Absatz hat mit digitalen Spiegelreflexkameras überhaupt nichts zu tun, erklärt jedoch, warum wir Menschen ebenso wie alle anderen Säugetiere Entfernungen blitzschnell schätzen und damit auch den Fokus einstellen können.

 

Das Prinzip der Entfernungsmessung durch zwei voneinander seitlich versetzte Optiken (Parallaxe) wird nicht nur in vielen Messinstrumenten verwendet, sondern auch bei einer berühmten Kamera, der Leica. Die Leica ist eine Messsucher-Kamera, die genaue Entfernung wird ebenso wie beim menschlichen Auge durch die Schnittpunkte der beiden Abbildungen ermittelt. Doch das nur nebenbei, der Autofokus einer digitalen Kamera funktioniert nach einem anderen Prinzip.

Automatikfunktionen und Motivprogramme

Durch diverse Automatikfunktionen und erst recht durch Motivprogramme wird versucht, mehr oder minder zu erraten, was der Fotograf innerhalb eines Bildmotivs für wichtig hält. Bei Pocketkameras kennt man beispielsweise das Blumenmotiv als Einstell-Möglichkeit. Damit wird der Kamera mitgeteilt, dass man eine Nahaufnahme machen möchte. Da viele Pocketkameras nicht über eine manuelle Entfernungsseinsstellung verfügen, braucht man diese Motivprogramme, um der Kamera wenigstens halbwegs mitteilen zu können, was man eigentlich will.

 

Computertechnik in Kameras ermöglicht in immer höherem Maße, der Kamera durch die Wahl eines Programmpunkts mitzuteilen, was man für ein Foto machen möchte.

 

Dass das unmöglich mit derselben Präzision und Geschwindigkeit erfolgen kann wie die Zusammenarbeit zwischen dem Gehirn und den Augen ist wohl klar. Das könnte sich höchstens dann ändern wenn es irgendwann gelingen sollte, eine Kamera direkt inklusive der Rückmeldungen der Kamera unmittelbar ebenso wie unsere Augen durch das Gehirn zu steuern.

 

Insoweit sind alle Automatikfunktionen und erst recht die Motivprogramme nicht mehr als der Versuch einer Annäherung an unsere eigene Wahrnehmung durch Computertechnik.

 

Es gibt beispielsweise inzwischen Kameras mit einer Gesichtserkennung, was bei Fotos von Personen vielleicht sogar sinnvoll sein kann, wenn das Gesicht der Person, unabhängig davon, wo es sich innerhalb des Bildes befindet, erkannt wird und darauf sowohl die Entfernung als auch die Belichtung eingestellt werden. Das scheitert natürlich im selben Moment, in dem mehr als ein Gesicht im Bildmotiv ist. Unser Gehirn und somit unsere Augen wissen natürlich ganz genau, auf welches Gesicht es ankommt, doch wie soll das die Kamera wissen?

 

So geht es mit den meisten Automatikfunktionen und Motivprogrammen. Was wir wollen und was der Computer in der Kamera versteht, dazwischen können, müssen aber nicht Welten liegen.

 

Deshalb ist es so wichtig, zumindest die drei (mit der Wahl der ISO-Empfindlichkeit bzw. des Filmmaterials sogar vier, der Wahl der Brennweite sogar fünf) grundlegenden technischen Einflussmöglichkeiten für ein beabsichtigtes Bildergebnis zu kennen und zu verstehen.

 

Diese insgesamt fünf Möglichkeiten, ein geplantes Foto bereits mit billigen Pocket Kameras technisch zu beeinflussen, sollten verstanden werden, sie sind für gute Fotos ebenso wichtig wie die Grundlagen der Bildgestaltung und somit der Wahl der Perspektive (Kamerastandort und Blickwinkel) und des Bildausschnitts.


Inzwischen gibt es übrigens als Erweiterung des digitalen Fotokurs Praxis-Fotokurse, in denen Sie diese wichtigen Einflussmöglichkeiten spielend verstehen und anwenden können.